Neuer Lebensraum für Anspruchsvolle und Raritäten

Deutsche Tamariske, ein bedrohter Spezialist

Die Deutsche Tamariske (Myricaria germanica) ist die einzige mitteleuropäische Vertreterin aus der Familie der Tamariskengewächse. Sie wächst auf vegetationsfreien Schuttflächen entlang von Gebirgsflüssen, die immer mal wieder überschwemmt und mit neuem Kies zugeschüttet werden. Wahrlich kein bequemer Lebensraum für zarte Pflänzchen! Denn das Leben in den Schuttflächen ist hart. Doch die Tamariske hat sich auf genau diese Verhältnisse spezialisiert wie kaum eine andere Pflanze. Dank langen Pfahlwurzeln übersteht sie Hochwasser, Erosion und Ablagerung der Steine. Aber auch Trockenheit und Hitze muss sie aushalten können, denn Kies ist durchlässig und kann so gut wie kein Wasser speichern.

Doch die konkurrenzschwache Tamariske profitiert hier von einem entscheidenden Vorteil: es gibt kaum KonkurrenzGegen die Konkurrenz anderer Pflanzen ist sie hilflos. Da sie extrem lichthungrig ist, lässt sie sich rasch von Weiden oder Erlengebüschen verdrängen. Daher sind regelmässige Überflutungen und Umschichtungen der Kiesbänke für sie existenziell.Doch genau solche vegetationsfreie Kiesbänke sind selten geworden und mit ihnen auch die Deutsche Tamariske. In Deutschland und Österreich gilt die Pflanze als vom Aussterben bedroht, in der Schweiz gibt es nur noch im Engadin bedeutende Vorkommen. Diese bekommen dank der Revitalisierung Idealbedingungen für ihre Bedürfnisse.

Flussuferläufer, der Bodenbrüter

Der Flussuferläufer (Actitis hypoleucos) verrät sich durch seinen weissen Bauch, die braun bis olivbraune Oberseite und seinen mit einem schrillen Hi-di-di begleiteten Tiefflug über das Wasser. Der ungefähr amselgrosse Vogel baut ein einfaches Nest auf dem Boden. Dabei sucht er sich Kiesbänke aus, die kaum oder erst spärlich von Pflanzen bewachsen sind. Wo die Vegetation zu dicht geworden ist, brütet er nicht mehr. Also ist auch er, wie die Deutsche Tamariske, auf einen Flussabschnitt angewiesen, wo immer mal wieder ein Hochwasser die aufkommende Vegetation zerstört und wieder unbewachsene Kiesbänke hinterlässt.

Ein naturnahes Flussbett ist also gefragt für die 100 Brutpaare, die es in der Schweiz noch gibt. Oder ein revitalisierter Abschnitt. Der Inn, besonders entlang der ersten Etappe, vermag offenbar den Ansprüchen des Flussuferläufers zu genügen, ca. ein Fünftel des schweizerischen Bestandes lebt hier. Oberhalb der Isellasbrücke sind im Sommer 2017 erstmals seit langem wieder Jungvögel geschlüpft und ausgeflogen!

Flussregenpfeifer, der ohne Nest

Seine schwarz-weisse Gesichtsmaske sowie den schwarzen Ring um den Hals machen den Flussregenpfeifer (Charadrius dubius) unverwechselbar. Wie der Flussuferläufer sucht er sich naturnahe Flüsse mit offenen Kiesbänken als Lebensraum aus. Schnell tippelt er auf dem Kies umher und pickt sich Würmer, Spinnen, Insekten und Larven aus dem seichten Wasser. Seine Eier legt er einfach zwischen die Steine, ohne sich die Mühe zu machen, ein Nest zu bauen. Dort sind die Eier zwar gut getarnt und kaum sichtbar, aber auch vielen Gefahren ausgesetzt. Leicht werden sie von Spaziergängern oder Fischern übersehen und zertrampelt. Auch freilaufende Hunde stören die Altvögel, welche bei Gefahr das Gelege verlassen und versuchen, den Eindringling auf eine falsche Fährte zu locken. Die alleingelassenen Eier oder Jungvögel überleben das Fernbleiben der Eltern oft nicht. Aber auch ein Hochwasser, welches eben für die Existenz der offenen Kiesbänke sorgt, kann die Brut der Flussregenpfeifer auslöschen.

Die Äsche, ein Kaltwasserfan

Auch die Äsche (Thymallus thymallus), gut zu erkennen an ihrer grossen Rückenflosse, zählt zu den Anspruchsvollen. Zumindest, was die Wasserqualität anbelangt. Nur klares, kühles Wasser ist gut genug für diesen beliebten Speisefisch. Das ist auch der Hauptgrund, dass die Äsche nicht in Zuchten gehalten wird.

Ein besonderes Schauspiel bietet die Paarung der Äschen. Dabei legt das Männchen seine grosse Rückenflosse beinahe zärtlich über den Rücken des Weibchens, eng aneinandergeschmiegt schwimmen die beiden über den Flussgrund.

Zum Laichen bevorzugen sie seichte Kiesbänke. Die finden sich beim revitalisierten Inn reichlich, fehlen jedoch in den fest verbauten Flussabschnitten. Oft verraten sich die Laichstellen durch kleine, helle Gruben im Kies. Bis die Larven ihren Dottersack aufgebraucht haben, bleiben sie im Kies versteckt.

Als Kaltwasserfisch ist es der Äsche bei Wassertemperaturen bis maximal 15 °C am wohlsten. Stress, ausgelöst durch zu warmes Wasser oder schlechte Lebensraumbedingungen, führen oft zu Pilzbefall. Mit dem weissen Pilz am Körper sind die Tiere gut zu entdecken und überleben meistens nicht mehr lange.

Die Kreuzotter, Bewohnerin der alten Dämme

Die Kreuzotter (Vipera berus) ist die einzige Schlangenart, die sich im Oberengadin wohl fühlt. Somit besteht keine Verwechslungsgefahr. Trifft man entlang des Inns eine Schlange an, handelt es sich um eine Kreuzotter. Frisch gehäutete Männchen haben ein auffälliges, kontrastreiches Muster: ein schwarzes Zickzackband läuft auf weissem Hintergrund den ganzen Körper entlang. Die Weibchen sind etwas grösser als die Männchen, ihr Muster ist aber in dezenten Brauntönen gehalten und viel weniger auffällig.

Zum Überwintern verkriechen sich die Kreuzottern in Löchern und kleinen Hohlräumen in Böschungen und zwischen Steinen. Am beliebtesten waren Winterquartiere in den alten, sanierungsbedürftigen Inndämmen. Entsprechend hoch war auch die Kreuzotter-Dichte in den alten Dämmen entlang der 1. Etappe. Eine aufwändige Umsiedlungsaktion (http://www.bever.ch/images/upload/Blog%2028.%20Dezember%202012_1216.pdf) bewahrte die Tiere vor ihrem sicheren Tod in der Baustelle. Um ihnen auch in den neuen Dämmen wieder Unterschlupf anzubieten, hat man extra Kreuzottern-Habitate (http://www.bever.ch/images/upload/Blog%2028.%20Dezember%202012_1216.pdf) gebaut. Diese bestehend aus lockeren Steinhaufen über einer muldenartigen Vertiefungen im sonst dichtem Damm. Genügend grosse Lücken zwischen den Steinen gewährleisten den Zugang.

Im Frühjahr sind die Schlangen am besten zu beobachten.
Zuerst verlassen die Männchen kurz nach der Schneeschmelze ihr Winterquartier, um sich an warmen Plätzen zu sonnen. Bald folgen die Weibchen.